reise-geschichten
Shawinigan haben wir nach einer Nacht wieder den Rücken gekehrt, da doch diese Stadt außer ihrer wirklich coolen Kneipe, dem "Loch
des Teufels" nicht sonderlich viel zu bieten hatte.
Noch eben die Chutes angesehen und ab in Richtung Upper Canada Village, ein kleiner Ort vergleichbar mit dem Hessenpark. Hier hat
man alte Häuser (ca. 80 Jahre alt) wieder aufgebaut, die auf Grund des Ausbaus des St. Lawrence River zu einem schiffbaren Kanal seinerzeit weichen mussten.
Unsere Ankunft ist jedoch nicht ganz im Einklang mit deren Öffnungszeiten und so entscheiden wir uns, eine Nacht auf einem
Campingplatz zu verbringen. Dies sollte Lellas erster Alptraum werden. Nachdem wir die letzte Nacht bereits nicht sonderlich gut geschlafen haben – ein Zug fuhr mitten durch unser Tesomobil
(jedenfalls hörte es sich so an, als dieser mitten in der Nacht fünf mal lange hupte) – machten wir uns nach der erfolgreichen Suche und dem Parkieren des Tesomobils an die Bereitung des
Abendessens. Die leckere Pasta mit original Onkolino-Tomatensauce haben wir in kurzer Zeit besiegt. Auf den vorzüglichen Chianti haben wir diesmal, das hier geltende Alkoholverbot akzeptierend,
verzichtet.
Nach dem Essen genießen wir noch die hereinbrechende Kühle sowie den Sternenhimmel, den wir durch unser geöffnetes Dach direkt über dem Esstisch sehen können, bis wir die Hundertschar an
verschiedensten kleinen bis großen, ekligen Flugobjekten sehen, die bislang erfolglos versucht haben, das Innere des Tesomobils zu erobern. Soweit sind wir froh, in Valleyfield bei Onkels
Bekannten ein Gazebo für unsere Dachklappe gekauft zu haben. Jedoch stellt sich nun die Frage, wie wir das Dach werden schließen können, ohne dass sich nachher siebenhundertdreiundfünfzig Mücken
inklusive der schwarzen Fliege im Tesomobil befinden und den Schlaf unmöglich machen. Dieser ist nötig, da wir eine ganz schöne Strecke zurückgelegt haben.
Der Entschluss, uns hinzulegen und auf gutes Wetter zu hoffen, ist bis zwei Uhr nachts nicht der schlechteste. Aufgeschreckt durch das Blitzen und Donnern, haben wir dann kurzerhand die
Fliegengitter aufs Dach geschmissen und die Dachklappe zugerissen – in der Hoffnung, sie am nächsten Morgen noch wieder zu finden.
Nachdem die wenigen Mücken, die den Moment genutzt haben, soweit unschädlich gemacht sind, schlafen wir weiter. So wirklich können wir die Nacht jedoch nicht genießen. Es ist viel zu ruhig
draußen; sind wir beide doch den Lärm von anfahrenden Trucks mitten in der Nacht auf den IRVING-Tankstellen bzw. den WAL-MART-Parkplätzen gewohnt.
Am Morgen dann steht nach den üblichen Tätigkeiten rund um das Tesomobil auch zum ersten Mal eine unangenehme auf dem Programm: Schon die Fahrt über nach Upper Canada Village haben wir gute
dreihundert Kilogramm Übergepäck gehabt. 150 Liter Abwasser sowie weitere 150 Liter vorher Gegessenes und Getrunkenes. Dies gilt es nun wieder los zu werden. Gesagt, getan und wir belohnen unser
Tesomobil noch mit frischem Wasser sowie uns mit einer ausgiebigen Dusche.
Wir werden auch zukünftig Campingplätze lediglich im Notfall anfahren bzw. wenn wir unsere Reste loswerden möchten oder frisches Wasser benötigen. Die anderen Möglichkeiten, die wir sicherlich
noch nicht alle ausprobiert haben, bieten den von uns geschätzten Mehrwert an Infrastruktur. Und die Geräuschkulisse ist nicht gerade wie auf dem Friedhof. Und da wir ja noch in Sasketchewan und
später Alaska genug Einsamkeit erwarten können, mögen wir im Moment jedenfalls gerne darauf verzichten.
Upper Canada Village selber ist ein nettes, kleines Dörfchen, an dessen Eingangspforte – natürlich nur, wenn man die 18 Dollar Eintritt gezahlt hat – man sehr freundlich von kugelrunden
Frauen in alten Kostümen begrüßt wird. Für zwei Stündchen waren wir zurückversetzt in das 19. Jahrhundert und sahen uns an, wie seinerzeit Brot gebacken wurde und sonst so das dörfliche Treiben
war. Endlich habe wir das ultimative Gebräu gegen die selbst schlimmste Form der Syphilis gefunden: Sarsaparilla. Probiert haben wir es jedoch nicht. Gelabt an althergebrachten Speisen in einem
kleinen Restaurant aus damaliger Zeit und erfrischt an dem herrlichen Eistee, setzten wir unsere Fahrt in Richtung Toronto fort.
Auf unserem Weg soll noch Kingston liegen, das in unserem Reiseführer (wir haben dann doch mal hineingeschaut) sehr gelobt wird. Bei Gelegenheit werden wir mal den Verfasser des Reiseberichtes
fragen, ob er jemals in Kingston, der Geburtsstadt Paul Ankas war. Enttäuscht von den Eindrücken beim Herumfahren in Kingston, vergessen wir glatt, unsere Paul-Anka-CD einzulegen. An dieser
Stelle noch mal vielen lieben Dank an DJ Gerry und Katja für das üppige Musikmaterial, das wir schon kräftig gehört haben. (Mützel)Thomas sei auch sehr herzlich gedankt! Die Hits sind
spitze!
Aus der Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz für uns und das Tesomobil wird kurzerhand die Weiterfahrt hinein in die untergehende Sonne, die den ganzen Himmel in die verschiedensten
Rosa- und Rottöne färbt. Wir kommen noch 120 Kilometer weit bis kurz vor Oshawa und rasten schließlich bei einer Tankstelle. Und ich verrate nicht bei welcher. Nur, dass ich dort nichts gekauft
habe. Ich schwöre! Selbst die Milch für den Kaffee am nächsten Morgen – bereits Übung, morgens erst einmal eine Zweiliterpulle Frischmilch zu kaufen, die unseren Kaffee des Tages verschönert –
habe ich bei TIM HORTON gefunden und musste nicht in den Road-Market. So hat der Kaffee gleich viel besser geschmeckt.
Angekommen in Oshawa, einem kleinen, 152.000 Einwohner zählenden, gepflegten Städtchen, warten wir auf die Eröffnung von Fazios Restaurant, wo wir den Onkel von Freunden aus Königstein kurz
„Hallo“ sagen wollen. Den Parkschein im Fahrerhaus platziert, haben wir uns in unsere Höhle zurückgezogen und uns Piccoli Pani alla Zia Rosa zubereitet, den Computer angeschmissen und diese paar
Zeilen für Euch verfasst.
Das mit dem Hallosagen scheint anfänglich zu scheitern, da keiner anzutreffen ist. Bei unserer Rückkehr an das Tesomobil werden wir von einem unglaublich netten Kanadier angesprochen, vor dessen
Shop bzw. Café wir geparkt haben. Er hat bereits unsere Internetseite besucht und sich über unsere Reise informiert. Sofort lädt er uns auf einen köstlichen Kaffee in sein Café ein, dass zwar
momentan wegen Renovierung geschlossen ist, doch das hält ihn nicht davon ab, für uns einen aufzusetzen. Begleitet von einigen Peanut Brittle nach dem Originalrezept seiner Urgroßmutter (kein
Scherz! nicht so wie mit Lellas Kuchen), halten wir einen netten Plausch und sind einmal mehr auf das Angenehmste von der kanadischen Gastfreundschaft und Aufgeschlossenheit überrascht.
Bevor wir uns auf unseren weiteren Weg nach Toronto machen, wollen wir noch eine kurze Nachricht, eine kleine Postkarte, für Tino hinterlassen. In der Zwischenzeit hat ihn sein Angestellter
angerufen und unsere Ankunft mitgeteilt, sodass er kurze Zeit später im Restaurant auftaucht. Dies ist umso erstaunlicher, als dass er sich mitten in einer Partie Boccia gegen den rivalisierenden
Ort befand, die er auf Kosten einiger Punktabzüge zu unseren Gunsten verlassen hat, um uns kurz willkommen zu heißen. Wir verabreden uns für den kommenden Mittwoch zum Essen und lassen ihn
schnellstmöglich wieder zu seinem Spiel zurückfahren. Als wir uns bereits auf dem Weg nach Toronto befinden, wird uns klar, wie verrückt das eben war, als wir nach dreißig Kilometer durch Ajax
fahren, woher Tino eben extra nach Oshawa gekommen ist - nur um der Verabredung willen.
Nur einige Kilometer weiter erreichten wir auch schon Toronto. Mit 5,6 Mio. Einwohnern dann schon eine große Stadt mit entsprechendem Verkehr und dem Finanzzentrum Kanadas. Unten an der Marina
direkt an der Waterfront stellen wir uns kurzerhand ins Halteverbot. Nach kurzer Rücksprache mit einem Schiffseigner, der an der Mole festgemacht hat, sind wir einer Meinung, dass unser Tesomobil
ohnehin zu groß sei für die hiesigen Abschleppwagen.
Nachdem wir auch niemanden von der Marina fragen können, da das Büro bereits geschlossen ist, spekulieren wir auf den eventuell netten Officer, dem wir vielleicht das Ausstellen des Strafzettels
durch Anbieten eines Espressos austreiben können. Ein herrlicher Platz mitten in Toronto und eine tolle Aussicht auf die Stadt!! Den heutigen Tag verbringen wir in der Stadt, und machen im
Anschluss in Kensington eine „coole“ Espresso Bar (Sublime Espresso) aus, die neben den echt guten Schallplatten alter Jazzeinspielungen, die hier abgespielt sowie verkauft werden, auch
Internetverbindung hat. Natürlich trinken wir unsere Latte hier kalt, lesen mal unsere E-Mails und lassen die Sonne auf uns scheinen.
Eigentlich wollen wir nur die gekauften Früchte waschen und zu einer kleinen Zwischenmalzeit verarbeiten, als wir ans Tesomobil zurückkommen, werden jedoch nur kurz später angesprochen. Diesmal
verschlägt es uns die Sprache. Nicht etwa Englisch, nein auf Deutsch fragt man uns, wo wir herkommen. Und das mit leicht hessischem Akzent. Wir stehen in einen netten Plausch verwickelt neben dem
Tesomobil und tauschen unsere Adressen aus für den Fall, dass wir uns noch mal in Deutschland über den Weg laufen. Dies geht zurück auf einen Spruch meines seinerzeitigen Chefs (an den ich auch
nur deswegen denken muss, weil ich endlich nicht mehr für ihn arbeite!!), wonach man sich immer zweimal an der Küste des Lebens trifft. Auf ein Wiedersehen mit diesen Menschen würden wir uns
freuen - Ist ja nicht immer so!
Bevor wir den Gedanken schnell wieder verlieren, möchten wir noch ein paar Worte des Dankes an unseren ehemaligen Arbeitgeber richten, der uns die Mittel und vor allem aber die Zeit für die
Vorbereitungen unserer Pläne und des Tesomobils innerhalb des letzten Jahres zur Verfügung gestellt hat. Wir reisen bald weiter, nicht wissend wohin. Denn schließlich gilt ja: DER WEG IST DAS
ZIEL! Danke, Andi!
A tous ceux qui nous aiment… et aux autres!
Wir fahren weiter Richtung „T’ronnnno“ und melden uns bald mal wieder.
Viele liebe Grüße aus Oshawa und bis zum nächsten Mal.
Lella und Tommi
Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
tesomobil.de/index.php
Es sind noch keine Einträge vorhanden.