"Wir-kommen-nach-Alberta"

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Von zwei starken Gewittern werden wir auf unserer Fahrt nach Regina begleitet, die ganz ordentlich am Tesomobil geschoben und gezerrt haben. Mal kommt der Wind von vorn, mal von den verschiedenen Seiten, jedoch nie von hinten, sodass er uns unseren Weg leichter hätte machen können. Aber wir erreichen dann am Ende unserer Etappe doch das gewünschte Ziel und suchen alsbald das örtliche Schwimmbad mit Sauna auf, um uns von den Strapazen des Tages zu erholen und mal stundenlang zu duschen. Frisch gewaschen und gepudert beziehen wir dann unsere temporäre Adresse in Regina direkt unterhalb des Büros des hiesigen Bürgermeisters im Schatten der Cityhall am Victoriapark.

Gleich in der Straße unseres Standplatzes wartet schon eine Kneipe mit ein paar Sitzgruppen draußen auf unseren Besuch. Nach langer Fahrt durch die nicht enden wollende Prärie tut es gut, sich ein bis zwei kühle Bierchen die Kehle hinunterlaufen zu lassen. Lediglich ein kleines Stück Pizza haben wir uns dann noch genehmigt, da wir ja bereits bei unserer mittäglichen Rast in Virgin – ein kleines Durchgangsstraßendorf - gegessen haben. Beim Überfahren der Provinzgrenze haben wir eine Stunde geschenkt gekommen, da es in Saskatchewan keine Sommerzeit gibt. So haben wir die Uhren bereits umgestellt, obwohl wir keine Zeitgrenze überfahren haben.

Unseren Reginaaufenthalt runden wir gleich nach dem frühen Aufstehen am nächsten Morgen mit einer Stadtwanderung durch die mit dem Wascana Lake mit umlaufendem Park ausgestatteten Stadt ab. Wir spazieren die rund vier Kilometer lange Blue-Trail-Strecke einmal um den See und ließen die morgendliche Sonne auf uns scheinen, beobachteten die Enten bei der Morgentoilette und doch erstaunlich viele Jogger bei ihren Frühübungen.

Noch bevor es heiß wird an diesem Tag, setzen wir unsere Reise fort nach Saskatoon. Nicht gerade eine Schönheit an Stadt, obgleich durch die Lage am Fluss durch Wasser etwas aufgelockert. Mummenschanz erwartet uns in Form des örtlichen Feuerwehrfestes und schauen den Vorführungen auf der Bühne eine Zeit lang zu, bevor wir uns auf die Suche nach einem Nachtlager machten. Gleich am Ortsausgang finden wir denn auch den schönen Stellplatz direkt an einer Sportanlage am Archibald Park mit Aussicht (wie sollte es anders sein?) auf den Fluss. Da uns die Sonne noch ausdauernd anlacht, wollen wir ihr gegenüber nicht unhöflich sein, packen unsere Klappsessel aus und lassen den Abend bei einer guten Flasche Wein im Sonnenuntergang ausklingen.

Unsere Weiterfahrt nach Calgary erfolgt in Etappen, da die Gesamtstrecke Saskatoon-Calgary zu weit für einen Tag ist. Daher machen wir nach Kaffeepausen in Rosetown und Kindersley nach 350 Kilometern in Youngstown Halt. Hier hat der letzte Bus raus aus der Stadt ein paar Menschen vergessen und so stehen wir unweit geschätzter fünf Häuser am Ende einer Straße mit herrlicher Aussicht auf die Prärie.

Der Versuch, uns abends vor dem Auto im Freien aufzuhalten, wird jedoch durch das herannahende Surren eines ganzen Mückenbataillons vereitelt und wir flüchten geschwind ins Tesomobil, lassen die Fliegengitter vor den Fenstern herunter, erschlagen geschätzte zwanzig Mücken, die mit uns hineinkamen, bevor wir uns dem Abendessen widmen können. Nur mit einiger Mühe gelingt es uns an diesem Abend, unserem Radio einige Töne abzugewinnen. Zwar ist das Land hier flach, nur leider mangelt es scheinbar an Radiostationen. So lauschten wir dem stimmlichen Zwillingsbruder von Kermit der Frosch bei seinen abendlichen Ansagen und Thomas beömmelt sich, was dieser Moderator seinen Hörern als klassische Musik verkauft. Es mag wohl der kleinen Anzahl Hörern geschuldet sein, dass ihm noch niemand Rückmeldung über seine Radiosendungen gegeben hat. Frei nach dem Motto des in der Not Fliegen fressenden Teufels wollen wir uns dann auch nicht beklagen.

Erst als wir Kermit abschalten, wird uns bewusst, wo wir geparkt haben. Scheinbar findet direkt um uns herum ein Manöver aller flugfähigen Mücken des Landes statt! Das Surren ist so laut, dass wir fast nicht einschlafen können. Seltsamerweise verstummt mitten in der Nacht für circa fünf Minuten das Summen wie von Geisterhand und es wird mucksmückchenstill um uns herum. Doch scheinbar nutzten die Mücken diese Pause lediglich zum Auftanken, da schon kurze Zeit später das ganze Bataillon wieder zurück zu sein scheint und es bis in die Nacht weiter surrt.

Unsere Abfahrt am nächsten Morgen gleicht einem Alarmstart. In Bruchteilen der normal benötigten Zeit zum Schließen der Gashähne und anderer Fahrt vorbereitender Dinge huschen wir ins Fahrerhaus, töten die zwanzig mitgebrachten Mücken, lassen das Tesomobil an und lecken unsere Wunden. Die Biester hier haben ihr Handwerk gelernt und würden bei jedem Vergleich mit unseren Mücken als eindeutiger Sieger hervorgehen. Echt widerlich!

So fahren wir die 237 Kilometer von Youngstown über Hanna bis nach Drumheller, wo wir gleich in das örtliche Tyrell Museum einkehren. Mitten in den kanadischen Badlands fand man vierzig verschiedene Dinosaurier und stellt diese in beeindruckender Manier dem Besucher zur Schau. Von der Präsentation können sich einige Museen in Deutschland ein Scheibchen abschneiden, denken wir uns, als wir den zweistündigen Rundgang durch das Museum beenden. Später fuhren wir die wenigen Kilometer durch die Sandsteinlandschaft herein nach Drumsheller, wo der mit 26 Metern Höhe weltgrößte (künstliche) Dinosaurier steht. Das Tesomobil reichte ihm gerade mal bis zu den Knöcheln.

Nach dieser kurzen Rast und haben wir es nicht mehr weit bis nach Calgary, der ehemaligen Olympiastadt. Mitten in Downtown parkend, durchwandern wir die Stadt zu Fuß. Der achten Avenue entlang – der hiesigen Fußgängerzone – flanieren wir an den verschiedenen Geschäften, Läden und Cafés entlang, kehren in einer Sportsbar zu einem kleinen Abendtrunk ein, sehen Baseball und Tennis. Unsere diesmal nicht erfolgreiche Suche nach einem angenehmen Standplatz (die Parkplätze hier kosten ab sechs Uhr morgens 10 Dollar pro halbe Stunde) lässt uns aus der Stadt hinausfahren. Nur wenige Kilometer hinter Calgary auf dem Highway #2 finden wir dann eines unserer "Lieblingsmotels" und lassen uns, wenn auch müde, zufrieden nieder. 

"I saw you guys on tv - you are travelling through the world!", hören wir die Stimme des Mechanikers sagen, der vor Abfahrt noch die Reifen nachziehen soll. Dass er tatsächlich uns im Fernsehen gesehen haben mag und unser Bekanntheitsgrad schon diese Ausmaße angenommen haben soll, halten wir wohl eher für eine Verwechslung, aber wir freuen uns dennoch über den herzlichen Empfang.

Edmonton begrüßt uns am Abend ebenso strahlend und wir beschlossen, uns direkt an der West Edmonton Mall niederzulassen, um am nächsten Morgen direkt ins Schwimmbad des weltgrößten überdachten Shopping- und Entertainmentzentrums einlaufen zu können. Die Polizei, unser Freund und Helfer, gewährte uns ohne Nachfrage einen Standplatz direkt vor ihrer Station an der Mall.

Vor dem Vergnügen kommt aber bekanntlich die Arbeit und die besteht am nächsten Morgen erst einmal im Entleeren unserer Tanks und Befüllen des Wassertanks, was wir aber mit einer Standrundfahrt im „kanadischen Stil“ kombinieren. So kann sich auch das Tesomobil freuen, an diesem Tag frisch gemacht worden zu sein.

Zurück an dem von außen eher unansehnlichen Einkaufskomplex erscheint uns aber der Preis für den Eintritt mit knapp 40 $ pro Kopf etwas zu stolz für das vergleichbar kleine Schwimmbecken, so vertreiben wir uns die Zeit mit ein wenig Window-Shopping, bis wir dann um 18h rechtzeitig zur Happy Hour um Einlass bitten wollen. Ob wir auf den Kassierer einfach nur einen sympathischen Eindruck machen oder ob wir so aussehen, als hätten wir eine Erfrischung dringend nötig, wissen wir nicht. Fakt ist, dass uns dieser nette Mensch einlässt, ohne dass wir auch nur einen Cent zahlen müssen. Das ist wohl glückliche Stunde im wahrsten Sinne des Wortes! Beschwingt durch den entspannten Nachmittag lässt sich der Abendbummel durch die Straßen Old Strathconas umso mehr genießen.  

Da wir heute morgen noch immer keine Lust haben, diese attraktive Stadt zu verlassen, machen wir heute Nachmittag einen weiteren Bummel, diesmal durch Downtown an die Jasper Avenue. Diese Gegend erschien uns aber etwas zu weitläufig und nur halb so schön wie der Spaziergang vom Vorabend. Am Sir Winston Churchill Square kamen wir einmal mehr gerade rechtzeitig zum veranstalteten Straßenfest mit vielen Büdchen und Musik und sind sehr dankbar, dass die Stadtplaner einen solch genialen Einfall hatten, inmitten der Stadt einen Springbrunnen erbauen zu lassen, der an heißen Tagen wie diesem auch zum kleinen Schwimmbecken umfunktioniert werden kann. Ein wahrer Segen!


Wir kehren noch einmal nach Old Strathcona zurück, um etwas zu internetieren und unsere Seite zu aktualisieren. Draußen vor dem Schaufenster unseres sehr gemütlichen Internetcafés fährt noch der normale Feierabendverkehr vorbei, bevor die Straße sich wie gestern Abend zur Schaumeile verschiedenster Harleys entwickelt. Sehen und Gesehenwerden wird hier professionell betrieben. Dann werden wir allerdings wieder friedlich und müde vom heutigen Umherschweifen durch verschiedenste Teile der Stadt in unserem Tesomobil sitzen und den Abend ausklingen lassen. Auf unserem Fußweg zurück an unser Zuhause findet sich vielleicht noch ein kleines Eis, um unseren Spaziergang abzurunden. Diese Idee kommt uns gerade, als eine Familie an uns vorbeiläuft - das Kind in Tränen aufgelöst - und wir den Vater sagen hören: "No ice cream for screamers, no ice cream for whiners!" Und da wir heute brav waren, sich auch kein Grund zu heulen finden lässt, warum eigentlich nicht auch ein bisschen Eiskrem für uns?

Wie geht es weiter, fragen wir uns. Erst einmal werden wir wohl morgen nach Jasper in den Nationalpark fahren.  

Bis dahin sind wir noch unterwegs und grüßen alle aus dem Tesomobil.
Lella und Tommi

Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
tesomobil.de/index.php

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