reise-geschichten
Kalifornien bedeutet nicht gleich Sonne - So viel zu unseren hochgesteckten Erwartungen, mit dem Besuch dieses Staates gleich
nur so von der Sonne verwöhnt zu werden. Während es landeinwärts brütend heiß und sonnig zugeht, kann der Teil direkt am Ozean bis unterhalb von San Francisco doch oft und in unserem Fall sehr
oft nebelverhangen sein. Landschaftlich gehört unsere bisherige Reiseroute entlang der Pazifikküste jedoch zu dem Schönsten, was man sich vorstellen kann. Steile, sich windende Küstenstraßen
fordern schon mal große Konzentration beim Befahren und leider müssen wir dann den Blick der Straße zuwenden.
Immer wieder machen wir Halt, meist um uns an Aussichtspunkten die pittoresken Küstenzüge anzusehen, mitunter auch nur, um dem gezwungenermaßen hinter uns hertuckernden Verkehr Platz zu machen.
Manches Mal bekommen wir bei dieser Gelegenheit auch den Mittelfinger einer Hand entgegengereckt. Es scheint sich hierbei um den kalifornischen Willkommensgruß zu handeln - wie nett die
Kalifornier doch sind!
In einem kleinen aus der Jahrhundertwende stammenden Dorf namens Ferndale nutzen wir die Gelegenheit, uns an Poppa Joe's (der eine Inhaber Italiener, der andere Portugiese) Steakspezialitäten
satt zu essen und bekommen gleich noch einen guten Übernachtungsplatz beschrieben. So stehen wir direkt am Wasser des Pazifiks und können das Tosen der Wellen die ganze Nacht lang hören.
Am Morgen des nächsten Tages machen wir dann auch – wieder mal durch unser Tesomobil ausgelöst – nette Bekanntschaft mit Miranda und Rick aus Maine, die sich auf Zweitwohnsitzsuche befinden und
mit ihrem Labrador am Strand spielen. Sie hatten bereits im Poppa Joe's von den zwei Deutschen mit dem Armee-Truck gehört, die wahrscheinlich am Strand stehen werden. Aus dem Hundespaziergang
wird ein Plausch mit Ballwerfen und Geschichtenerzählen. Beide versorgen uns mit reichlich Reisetipps.
Bevor wir wieder bei Mendocino (den Älteren unter uns wohl noch aus dem Michael Holm Gassenhauer aus 1969 bekannt) an die Küste zurückkommen, wollen wir etwas landeinwärts noch etwas Sonne
tanken und bei der Gelegenheit noch durch die wenigen erhaltenen Redwoodbestände an der Avenue of Giants fahren. Turmhohe Bäume säumen so über Kilometer unseren Weg und es ist ein aufregendes
Vergnügen, diesen Riesen auszuweichen. Unser nicht zu kleines Reisemobil wirkt neben diesen Bäumen geradezu wie ein Spielzeugauto.
Das ehemalige Künstlerdorf Mendocino, in dem seinerzeit die Dreharbeiten zu dem Filmklassiker "Jenseits von Eden" stattfanden, hat sich mittlerweile in eine Millionärsgegend verwandelt. Kleinere
Holzhäuser, wie sie in mitteldeutschen Schrebergärten zu finden sind, bringen es hier mit dem obligatorischen Blick auf den Ozean flott auf Millionensummen. Es gibt auch leckeres Brot zu kaufen,
wenn einem die acht Dollar nicht zu viel sind - oder wenn man vor dem Bestellen nicht nach dem Preis fragt. Seither essen wir nur noch ein halbes Scheibchen pro Tag. Nur unser
Mobilheim-Standplatz vor der Kirche war gratis.
Wieder landeinwärts führt uns unser Weg nach Philo, einer kleinen Gemeinde am Beginn des Napa Valley, der sagenumwobenen Weingegend Kaliforniens. Den Tipp, die Kellerei Husch anzusteuern,
bekommen wir von einem Traubenzüchter in Mendocino, der hier zum Luftschnappen neben dem Tesomobil hält. Er beliefert das ein oder andere Gut mit Trauben und weiß, wo es die guten und noch
günstigen Tropfen zu genießen gibt. In einem zum Probierraum umgebauten kleinen Pferdestall kosten wir uns wenig später bei Husch durch die Zinfandel, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon und so
weiter. Natürlich haben wir uns auch etwas Wegzehrung für die kommenden Tage mitgenommen.
So kommen wir nach Calistoga im Napa Valley und finden neben der hiesigen Münzwäscherei eines freundlichen Mexikaners einen tollen und zugleich praktischen Stellplatz für unseren Expeditions-LKW,
wollten wir doch ohnehin bei nächster Gelegenheit mal alles durchwaschen.
Die letzten Kilometer durch nicht enden wollende Weinberge, vorbei an sehr vorzeigbaren Behausungen und begleitet von der bislang größten Dichte an deutschen Autos, gelangen wir erst nach kurzem
Abstecher nach Napa selbst dann auf Saras Rat auf atemberaubender Streckenführung wieder an die Küste. Sara, unsere kanadische Navigateurin, nachdem uns der Vorgänger Richard den Dienst
versagt hatte, hat es sicher nur gut gemeint, als sie uns mitten durch die Wohngebiete zum Mount Tamalpais hinaufschickte. Einhundertachtzig Grad Kurven bei 20 Prozent Steigung und im Wege
stehende Hecken sowie tief hängende Bäume und die parkenden Autos lassen diese Anfahrt auf Stinson Beach zum Abenteuer werden und verhelfen unserem Tesomobil zu tiefen Kratzern und somit nebenbei
zu seiner ersten Patina.
Nun ist es nicht mehr weit nach San Francisco und das diesige Wetter in Stinson Beach lässt uns den Entschluss zur Weiterfahrt nicht schwer fallen. Kurze Zeit später ist es dann auch soweit. Mit
dem Tesomobil über die Golden-Gate-Brücke fahren - vor ein paar Monaten noch ein Traum, nun wahr geworden. Es hat solchen Spaß gemacht, dass wir gleich umdrehen, um diesen Spaß zu
wiederholen. Vom nördlichen Aussichtspunkt auf die Brücke schauen wir anfangs ungläubig auf die im Nebel verschwindende Brücke. Sollte uns Fantozzi bis hier hin gefolgt sein? Kurzerhand bleiben
wir mit zwar fehlender Aussicht an diesem Aussichtspunkt stehen und ruhen uns für den kommenden Tag aus in der Hoffnung, bei sich aufklarendem Wetter freie Sicht auf die Brücke zu bekommen.
Unseren Stadtrundgang am nächsten Tag beginnen wir an der Fishermen's Wharf, von wo aus wir unseren Besuch nach Alcatraz starten wollen. Bedauernswerterweise ist Alcatraz bis auf drei Tage im
Voraus ausgebucht, sodass uns nur der Blick aus der Ferne auf die ehemalige Gefängnisinsel bleibt.
An ein langes Stahlseil geklammert, bezwingt unsere kleine Bahn, die wir für den Aufstieg in die Innenstadt an diesem heißen Tag benutzen, die ziemlich steilen Hügel dieser Stadt. Wir latschen
durch die Straßen bis unsere Flipflops qualmen. Unsere Vorliebe für die Chinatown der von uns bereisten Städte ist ja bereits bekannt. Zuvor wollen wir uns noch im Café de la Presse direkt am
Dragon Gate in französischer Atmosphäre in aller Ruhe stärken. Wir machen noch einen Abstecher in das Cable Car Museum, wo wir uns die Antriebsmaschinerie dieser sehr charmanten, altertümlichen
Bahnen anschauen. Darüber hinaus bekommt man hier auch einen Eindruck über das verheerende letzte große Erdbeben von 1906, nachdem die ganze Stadt in Trümmern lag. Hiermit verglichen waren die
Erdstöße des Jahres 1989, wenngleich schlimm, eher milde in ihren Folgen für die Stadt.
Den krönenden Abschluss unseres Besuches stellt die Fahrt mit dem Tesomobil entlang des so genannten Scenic Drive auf den Straßen von San Francisco dar. Zwar haben wir die passende Filmmusik
nicht dabei, jedoch scheint die Sonne vom Himmel über Twin Peaks, einer schönen Gegend um die höchsten Erhebungen der Stadt. Und im Expeditionsmobil diesen Spaß zu erleben ist besonders. Hier
befindet sich die Hochburg der hiesigen Homosexuellenszene, deren Anteil mittlerweile auf zwanzig Prozent der wahlberechtigten Bürger geschätzt wird. Von dieser Stadt sind wir nicht zuletzt
positiv beeindruckt, da auch die Polizei toleranter scheint, da sie sich am Strand nicht mal um illegal geparkte Reisemobile kümmert.
In Palo Alto wollen wir nur kurz bei HP vorstellig werden, um uns über unsere nach nur drei Jahren doch bereits altersschwachen Klappcomputer dieser Marke zu beschweren. Schon bald erreichen wir
die Garage, in der seinerzeit alles begann, sind jedoch enttäuscht, die Herren Hewlett und Packard nicht angetroffen zu haben. Das Tor ist verschlossen und das Haus davor scheint unbewohnt. Haben
sie sich vielleicht nur versteckt?
Palo Alto, die Geburtsstätte des Silicon Valley, ist ein nettes kleines Örtchen. Der Reichtum dieser Gegend wird uns an jeder Ecke bewusst. Hier
sehen wir gleich mehrere rote, italienische Sportwagen. Beim Eisverkäufer an der Ecke, der nebenbei gesagt auch noch schnell reich werden möchte und dies bei seinen Preisen sicherlich schon bald
erreicht haben wird, erfrischen wir uns nur sparsam, bevor wir uns die Verwerfungen des letzten Bebens im Jahre 1989 unweit von Palo Alto bei einem Spaziergang entlang des San Andreas Grabens
ansehen. Mit San Jose erreichen wir an diesem Tag unser Etappenziel und freuen uns einmal wieder, bei unserem Lieblingsdiscounter völlig legal stehen zu können.
Bei unserer Rückkehr an den Pazifik in Santa Cruz finden wir denn auch die so sehnlich erhofften Wetterbedingungen in Kombination mit Sandstrand vor, was wir den ganzen Nachmittag lang
auskosten.
Nach Santa Cruz verlieren wir die Lust, noch weiter gen Süden zu fahren und wir bleiben kurzerhand in Marina - diesmal ausnahmsweise auf einem RV-Park - stehen. Es ist einmal wieder nötig, das
Tesomobil in einem Park für Rekreationsvehikel auf Vordermann zu bringen und nebenbei gesagt - wir haben das auch mal wieder nötig! Die angenehmen Duschen sind jedoch nicht leerzubrausen und wir
verbringen den Rest des Abends mit Wäschewaschen und dem Lesen und Schreiben von E-Mails. Den herrlichen Sandstrand direkt an einem Startplatz für Paraglider probieren wir natürlich am nächsten
Morgen direkt mal aus und fläzten uns ausgiebig in der Sonne. Die vorher mit dem sehr netten RV-Park-Mitarbeiter Chris Fear für den Anschluss an unseren Strandbesuch ausgemachte Dusche nehmen wir
dann doch nicht mehr in Anspruch und fahren weiter nach Süden.
Ungläubiges Staunen hätte uns sicherlich im Gesicht gestanden, wenn wir nicht vorher bereits aus unserem Reiseführer über diese Unart gelesen hätten: Wenn man die Küste südlich von Monterey,
einem sehr schön in eine malerische Bucht eingebetteten Städtchen, abfahren möchte, muss man sich, wie in unserem Fall, mit dieser Art der Wegelagerei einverstanden erklären. Der so genannte
"17-Mile Drive" ist nämlich nur gegen Entrichten von 8 Dollar pro Fahrzeug befahrbar. Es geht durch nicht enden wollende Golfplätze direkt entlang der Wasserlinie. Allerorts gibt es kleine
Parkmöglichkeiten, um die auf den vorgelagerten Felsen ruhenden Vögel zu betrachten. Pelikane, Kormorane und eine Heerschar von Möwen faulenzen hier neben Seelöwen und Robben. Und mittendrin
kann, wer will, seinem Golfball einen heftigen Hieb versetzen. Wenn man hier grobe Fehler macht beim Abschlag, braucht man schon einige Ersatzbälle, um sich dann doch noch dem Grün zu
nähern.
Die wenigen Meilen bis hinter die Ausgangstore dieses hochherrschaftlichen Anwesens sind denn auch schnell zurückgelegt. Wie so oft sehen wir das berühmte Westküstenfotomotiv, die "Lonely
Cypress", wie gewohnt nur im Nebel und fahren weiter.
Hoch über der Steilküste in einer Kurve zwischen Carmel-by-the-Sea und San Simeon Beach beschließen wir, einfach anzuhalten und uns über die letzten Milchreserven für den Kaffee herzumachen.
Sollten wir abends verscheucht werden, so denken wir uns, würden wir eben bei nächster Gelegenheit die Vorräte auffüllen. Wenn nicht, gäbe es zwar keinen Kaffee am nächsten Morgen, als Trost
hätten wir aber sicherlich einen phänomenalen Stellplatz mit dem Expeditions-LKW über dem Pazifik gehabt.
Es geht gut und niemand durchquert unsere Pläne. An dieser Stelle der Küste Kaliforniens ist es sehr einsam, was uns nicht zuletzt geholfen hat.
Zwischen elf Uhr abends und acht Uhr morgens fuhr nicht ein einziges Auto durch unseren "Vorgarten". Und das an einem Highway!
Wir sitzen nun einige Meilen weiter in Pismo Beach auf dem Weg in das Örtchen Oceano, einem der wenigen Orte, wo man noch völlig legal mit seinem Mobil direkt am Wasser campen kann. Zwar hat man
das in den letzten Jahren nur noch für Allradler eingeschränkt. Vermutlich hat sich in der Vergangenheit der ein oder andere mit seinem Riesenbusmobil samt Hummer hinten an der Deichsel dort im
Sand festgefahren. Für uns und das Tesomobil sollte dies aber kein Problem sein. Es ist schon ein enormer Zufall, dass wir an unserer Windschutzscheibe eine Nachricht von Miranda und Rick
vorfinden, dem Pärchen, dem wir in Ferndale am Strand vor knapp zehn Tagen begegnet sind, als wir von einer kleinen Kaffeepause wieder ans Mobil zurückkehren. Alle guten Dinge sind drei -
Mal sehen, ob sich unsere Wege in Santa Barbara wieder kreuzen werden!
Langsam nähern wir uns dann auch der Stadt der Engel. Bis dahin werden wir aber noch etwas diese wunderschönen Strände genießen und bei Sonnenschein sicherlich ausprobieren.
Mit sandigen Füßen und lieben Grüßen aus dem Reisemobil
Eure Lella und Thomas
Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
tesomobil.de/index.php
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