reise-geschichten
Kreosotbusch, so nett man das in der Wüstensteppe Nevadas beheimatete Gewächs, das es versteht, jeden ihn umgebenden Wassertropfen
in sich aufzusaugen. Die Fähigkeiten zu besitzen, das wünschen wir uns seit zwei Tagen, da wir nämlich die Wüstenregion Nevadas erreicht haben. Die geschätzten 110°Fahrenheit und gefühlten
110°Celsius überforderten nicht nur fast unser Tesomobil, welches bis zu seinem neuen Leben ein recht beschauliches und ruhiges Dasein auf dem Kasernengelände fristen durfte, sondern
auch beinahe seine Insassen.
Böse Zungen mögen nun behaupten, wir seien nie zufriedenzustellen, aber zu unserer Verteidigung sei hier gesagt, dass wir auf
unserem Weg von Los Angeles nach Las Vegas bereits am frühen Morgen bei ofenähnlichen Temperaturen gebacken wurden. Wir verstehen nun, warum viele Autovermietungen das Befahren diese Strecke
strikt untersagen - und warum hier keine Autos ohne Klimaanlage verkauft werden! Unser Mobil läuft fast die gesamte Strecke unter Betreiben des Lüfters und da wir selbst keinen solchen eingebaut
haben, können wir nur stumm die ungewohnt hohen Temperaturen ertragen. Um unser aller Überhitzen zu vermeiden, legen wir in Jean kurz vor Vegas eine Pause ein und suchen einen Platz im Schatten.
Den finden wir unter den spärlich bepflanzten Bäumen einer Casinoanlage, wo wir für mehrere Stunden eine Siesta halten, bis die Sonne anfängt, längere Schatten zu werfen und die Bruthitze auf
erträgliche 35°C sinkt. Nun haben wir Vegas erreicht und freuen uns auf unseren Gast, der in wenigen Tagen eintreffen wird.
Wir können zurückblicken auf eine spannende und abwechslungsreiche Woche. Darüber lässt sich jedoch nicht in der Gluthitze von mittlerweile 46°C berichten. So haben wir uns in der Lobby einer
Hotelkette niedergelassen und kühlen erst einmal unsere Köpfe, während wir diese Zeilen in aller Frische schreiben.
Nach unserem kurzen Abstecher in die kleine dänische Kolonie Solvang weiter Richtung ins Landesinnere, seinerzeit der Sonne noch hinterher, trafen wir auch bereits wenig später in Santa Barbara
ein. Dem höchsten amerikanischen Durchschnittseinkommen von ca. 70.000 USD scheint es geschuldet, dass es hier doch schon sehr gepflegt zugeht. Schade eigentlich, dass wir kein drittes Mal auf
Miranda und Rick gestoßen sind, die sich hier ebenfalls aufhalten wollten. Ungläubig wurden wir von dem ein oder anderen dabei staunend beobachtet, wie wir die freundlichen Wetterbedingungen
nutzten und uns sofort in die Fluten des Pazifiks stürzten. Auch die bereits fortgeschrittene Uhrzeit störte uns hierbei nicht. Leider konnten wir zum Schlafen nicht direkt am Meer stehen
bleiben und zogen uns etwas von der Uferfront zurück für unsere erste Nacht in Santa Barbara.
Die sehr schöne Altstadt besichtigten wir gleich am nächsten Morgen und beschlossen spontan, die sonnenheißen Eindrücke mit
einigen Margaritas abzukühlen. In einem Zustand der völligen Entspannung fiel dann auch der Entschluss zu einer weiteren Nacht in Santa Barbara nicht schwer, auch weil
unsere Fahrtauglichkeit definitiv nicht mehr gegeben war.
Wieder an der Küste näherten wir uns Malibu, diesem sagenumwobenen Ort der Schönen und Reichen. Unser Bad im Meer blieb uns hier leider verweigert. Alle Häuser an der Beachfront haben sich zu
einer geschlossenen Reihe entwickelt und bei unserer späteren Lektüre an einer Supermarktkasse erfuhren wir in den einschlägigen Magazinen, welche der Hollywood-Stars sich hier in die Häuser
einmieten bzw. wer eines dieser Kleinode sein Eigen nennen darf und seinen durch private Fitnesstrainer geschönten Körper in das kühle Nass tauchen darf. Es war genau dieser Strand, an dem die
getreue Leserschaft, also wir, diesmal nicht erwünscht waren zum Baden.
Einige Kilometer weiter in Santa Monica sollte es doch möglich sein, das Tesomobil am Straßenrand abzustellen, die heißesten
Stündchen bei Kaffee und Obst im noch kühlen Mobil abzuwarten, um dann frisch gestärkt an den Strand zu gehen.
Los Angeles selbst war dann nicht das, was wir erwartet hatten. Lag es an der nicht erkennbaren Stadtstruktur mit Innenstadt und
so weiter, dass wir uns hier nicht so wohl fühlten wie noch in San Francisco? Die allenthalben sichtbaren und manchmal zum Himmel schreienden Gegensätze dieser Stadt haben uns sehr beeindruckt.
Wenn schon nicht im Positiven, dann doch wenigstens im Negativen. Der obligatorische Besuch der über den Hügeln von Santa Monica liegenden Getty-Stiftung zählte sicherlich zu den Höhepunkten
unseres Aufenthaltes. Es ist schon beachtlich, über welches Vermögen diese Stiftung verfügt und wie viel für Kunst ausgegeben wird. Vorbildlich, wie man sie hier den Besuchern des Museums
anschaulich macht. Ein bombastischer und architektonisch sehr ansprechender Bau ließ uns die Zeit hier oben genießen.
Die gute Luft Bell Airs haben wir dann etwas mit unserem Dieselmobil eingetrübt, als wir über den Sunset Boulevard durch die
noblen Stadtteile Los Angeles' fuhren, vorbei an den meist verwahrlosten Riesenvillen der Stars und Sternchen. Mitten auf dem Hollywood Boulevard parkten wir uns neben den schon etwas verblassten
Stern des seinerzeitigen US-Präsidenten und Schauspielers Ronald Reagan und bewanderten die berühmten zwei Meilen der Stars. Unsere Euphorie konnte unseren Geruchssinn jedoch nicht soweit trüben,
dass wir den seltsamen wenngleich schnell identifizierten Duft, der uns hier um die Nasen strömte, nicht hätten wahrnehmen können. Es roch nicht sehr viel anders als auf den sanitären
Anlagen des Frankfurter Hauptbahnhofs und auch die feilgebotenen Fummel der hier versammelten Geschäfte erinnerte uns an die gleiche Gegend unserer Heimatstadt. Von Glamour und Glitzer keine
Spur!
Tim Wahl, der nette Mann, den wir gemeinsam mit seiner Frau einige Tage vorher an der Küste kennengelernt hatten und der uns
spontan die Übernachtung in seinem Vorgarten angeboten hatte, trafen wir leider nicht mehr. Unsere Route führte uns weiter zu der wahrscheinlich extravagantesten und atemberaubendsten
Konzerthalle dieser Welt. Die momentan herrschten Orchesterferien und der damit unmögliche Eintritt durch die Hintertüre ließen uns an dem Sicherheitspersonal abprallen und der Blick ins
Innere blieb uns verwehrt.
Die Hitze dieses Tages erforderte ein Abweichen von unserem ursprünglichen Besichtigungsprogramm und wir machten Halt am Echo Park in Historic Filipinotown. Wir bevorzugten ein
Schattenpicknick unter Palmen und überließen die Besichtigung der Stadt lieber den anderen zahlreichen Touristen. Dass sich solche Orte auch ausgezeichnet dazu eignen, eine längere
Siesta zu machen, schauten wir von den Einheimischen ab und ruhten uns gesättigt auf unserer Decke aus, während wir die Eindrücke der letzten Stunden auf uns wirken ließen. So war es
umso irritierender, das langsame Treiben vor unserem Ruheplatz zu beobachten, wurde unsere Mülltonne in den wenigen Stunden, die wir dort verweilten, von fünf Obdachlosen auf der Suche nach
Brauchbarem durchforstet. In keiner anderen Stadt wurden uns bislang die hier herrschenden Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten deutlicher als hier.
Gestärkt und ausgeruht fuhren wir in den Süden der Stadt nach Long Beach, um uns den Abend zu vertreiben und unsere weitere Route
zu besprechen. Selbstverständlich verließen wir Los Angeles nicht, ohne an Long Beachs Stränden - und die sind wirklich long, jedenfalls longer als das unbefernglaste Auge reicht -
stundenlang auszutesten. Die Strandduschen, die wir zwecks Abduschen des Salzes nach erfolgreichem Strandbesuch an vielen amerikanischen Stränden bislang vermissten, waren hier zwar vorhanden,
doch leider abgestellt worden. Los Angeles hat schon seit jeher ein seriöses Wasserproblem und es musste einmal wieder gespart werden. Paradox nur, wenn unweit die Bewässerungsanlagen den ganzen
Tag ununterbrochen laufen. So duschten wir, nachdem wir uns davon überzeugt hatten, dass kein Schmutzwasser zum Pflanzengießen benutzt wird, kurzerhand an der Bewässerungsanlage, bevor wir die
Stadt verließen.
Erst recht Nerven aufreibend ist es, sich einen Weg durch das Dickicht des Großstadtverkehrs zu bahnen, um einen der am
permanenten Verkehrsinfarkt leidenden Freeways zu erreichen, der uns aus der Stadt herausbringen sollte. Wir waren auch froh, da uns Los Angeles nicht sehr engelhaft in Erinnerung geblieben
ist.
Zu unserem bisweilen Lieblingsdiscounter hat sich seit Santa Monica auch eine andere Supermarktkette gesellt. Sind nicht nur immer mehr Wal-Mart-Parkplätze mit Überachtungsverboten ausgestattet,
so ist auch bei diesem Supermarkt das Angebot an frischem Obst und Gemüse um ein Wesentliches besser. Auch die Mitarbeiter sind durchweg sehr nett und haben unsere Übernachtungsanfragen stets
positiv beantwortet, wie z.B. Humberto aus Uruguay, der mitten in Santa Monica nichts dagegen hatte, dass wir seinen Parkplatz bevölkern. Solch ein Supermarkt wurde auch in dem kleinen Ort
zwischen Los Angeles und Las Vegas wieder einmal zu unserem Zuhause.
Bereits im Morgengrauen des nächsten Tages brachen wir auf, um der schon sehr früh alles lähmenden Hitze etwas zu entkommen und
versorgten uns dabei kontinuierlich mit Wasser. Das Tesomobil hingegen brauchte auf diesen anstrengenden Fahrten kein Wasser, sondern schwitzte lediglich etwas an den Differenzialen. Die einzige
Zuneigung, die unser Expeditionsmobil benötigt, ist der zur guten Übung gewordene Klaps auf die Luftleitbleche jeweils am Ende einer jeden pannenfreien Tagesetappe.
In der Zockermetropole Las Vegas angekommen, wollte man uns dann zuerst gar nicht haben. Es war einmal wieder einer dieser RV-Parks, mit denen wir schon unsere Erfahrungen gemacht haben.
Expeditionsfahrzeugl sei nicht als Recreational Vehicel, kurz RV zertifiziert und man könne uns somit nicht erlauben, ihr Gelände zu befahren. Wovor die Leute Angst gehabt haben mögen, blieb uns
schleierhaft. Auf der Suche nach irgendeinem Zertifikatsaufkleber an unserem Fernreisemobil ging der Pförtner nur kopfschüttelnd zweimal um unser RV, welches seiner Meinung nach keines war.
Schaut man sich einmal um, welche teilweise altersschwachen Mobile dort stehen, die nur durch die Lackierung zusammengehalten werden, ist unsere Aufregung wohl nachvollziehbar. Wir können über so
viel Verbohrtheit nur den Kopf schütteln. Schon in Santa Monica, in diesem Fall sogar von unserem Reiseführer empfohlen (wir haben dessen Autor vor Wochen bereits Gerri Griesgram getauft),
verließen wir staunend und zugleich mit Gelächter erfüllt einen dieser Parks, als man uns für einen staubigen ganze 11qm großen Parkplatz satte 120 Dollar abknöpfen wollte und das nur für eine
Nacht. In solchen Fällen der absoluten Realitätsferne drehen wir diesen Etablissements den Rücken zu bevorzugen die deutlich günstigeren sowie gepflegten Zimmer der so zahlreich vorhandenen
Vier-Sterne-Hotels.
So können wir gleichzeitig uns und nebenbei auch unsere Internetseite etwas pflegen.
Liebe blank geputzte Grüße aus Sin City
Lella und Thomas
Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
tesomobil.de/index.php
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