reise-geschichten
Wie zwei dicke unter der Erde ruhende Kartoffeln schlafen wir mit Erreichen des mexikanischen Hochlandes endlich mal wieder, denn
auf halben Weg nach Tequila machen wir mittendrin bei Pemex Station. Üblicherweise halten wir bei der einzigen in Mexiko vertretenen Tankstellenkette nur zum Tanken, doch heute bleiben wir, weil
es so nett ist, über Nacht. Manche dieser Tankstellen sind so ordentlich, verfügen über so gepflegte Sanitäranlagen und über Trinkwasser, dass sie durchaus gute Übernachtungsplätze
sind.
In der berühmten Stadt, die dem Agavensaft seinen Namen verlieh, können wir auch mal wieder trockenen T-Shirts umherschweifen.
Während der Duft des Destillates über der Stadt liegt, die Frauen und Männer unter den Bäumen des Zócalos im Schatten sitzen, arbeiten die Priester im Akkord. In allen Kirchen, teilweise auch
mehrmals am Tag, wird fleißig 15. Geburtstag gefeiert. Wir ziehen weiter und lassen uns im Hause Cuervo bei einem Rundgang durch die beschauliche Fabrik den Herstellungsprozess erläutern und sind
froh, als wir uns nicht mehr durch die verschiedenen Tequilasorten durchprobieren müssen, sondern wir mit einer für das Ende versprochenen kühlen Margarita endlich den Schnapsgeschmack sowie die
Agavenreste aus dem Mund spülen können. Es ist für uns nur schwer vorstellbar, dass die weltweite Cuervonachfrage aus dieser kleinen Fabrik gestillt werden soll, in der nahezu alles per Hand
abläuft. Eine viel größere, wenn auch nicht ganz so vorzeigbare, befindet sich in Guadalajara.
Diese wollen wir uns zwar nicht anschauen, wir machen uns aber dennoch auf den Weg in die Hauptstadt Jaliscos, da wir erfahren
haben, dass hier der Día de los muertos, neben dem Fest der Jungfrau von Guadaloupe der bedeutendste Feiertag, besonders zelebriert wird. Für uns Europäer, vor allem für den aus dem Süden
stammenden Teil von uns, ist das mexikanische Totenfest eine sehr ungewohnte Art, mit dem Tod umzugehen. Dem Glauben nach besuchen die Seelen der Verstorbenen in der Nacht vom 1. auf den 2.
November die Lebenden, sodass das Totenfest nicht wie bei uns ein Trauertag, sondern ein Feiertag ist. Auf den Märkten, Verkaufsständen, sogar an Ampelkreuzungen werden Skelette aus Draht oder
Pappmaché, Totenköpfe aus Zuckerguss in allen Farben und Formen, Abbildungen und Figuren der berühmten Calavera Catrina, die schicke skelettierte Mittelstands-Dame, ursprünglich gemalt vom
Karikaturisten Posada, feilgeboten.
In den Familien laufen die Vorbereitung „zum Besuch der Verstorbenen“ auf Hochtouren: Damit sie den verblichenen Angehörigen einen
feierlichen Empfang bereiten können, werden die Gräber mit Blumen und Kerzen geschmückt, die Häuser auf Hochglanz gebracht, prächtig bunte Opferaltäre, die so genannten "ofrendas", in den Häusern
und allen öffentlichen Gebäuden errichtet und ein spezielles Brot, das „Pan de muertos“ (Totenbrot), welches es nur an diesem Tag zu essen gibt, gebacken.
Der Heimweg für die Verstorbenen wird mit Cempasúchil-Blüten, bei uns als Studentenblume bekannt, gekennzeichnet. Um zu vermeiden, dass sich die Verstorbenen auf dem Weg nach Hause verirren oder versehentlich zu einem falschen Opferaltar gelangen, werden auf dem Weg vom Friedhof bis zum jeweiligen Wohnhaus Blüten gestreut. Für unser Verständnis müssen die Familien die von ihnen verstreuten Blumen zusätzlich mit einem familiären Duft markiert haben, da es sonst nicht verständlich ist, wie sich die Toten in diesem Blütenmeer zurecht finden sollten. Man kann sich darüber streiten, ob man Eidotter als gelb oder rot bezeichnen möchte und in diesem Fall, ob Studentenblumen gelb oder vielmehr orange sind - im überlieferten Glauben geht man jedenfalls davon aus, das Verstorbene die Farbe gelb am besten erkennen können.
Der Heimweg für die Verstorbenen wird mit Cempasúchil-Blüten, bei uns als Studentenblume bekannt, gekennzeichnet. Um zu vermeiden, dass sich die Verstorbenen auf dem Weg nach Hause verirren oder versehentlich zu einem falschen Opferaltar gelangen, werden auf dem Weg vom Friedhof bis zum jeweiligen Wohnhaus Blüten gestreut. Für unser Verständnis müssen die Familien die von ihnen verstreuten Blumen zusätzlich mit einem familiären Duft markiert haben, da es sonst nicht verständlich ist, wie sich die Toten in diesem Blütenmeer zurecht finden sollten. Man kann sich darüber streiten, ob man Eidotter als gelb oder rot bezeichnen möchte und in diesem Fall, ob Studentenblumen gelb oder vielmehr orange sind - im überlieferten Glauben geht man jedenfalls davon aus, das Verstorbene die Farbe gelb am besten erkennen können.
Nachdem in der Nacht auf den 2. November die Seelen der Verstorbenen im Haus empfangen wurden, findet anschließend der Abschied
von den Toten auf den Friedhöfen und an den Gräbern statt. Es werden mitgebrachte Speisen gegessen, getrunken, musiziert, getanzt und die Verstorbenen bis zum nächsten Jahr, dem nächsten Día de
los Muertos, verabschiedet. In Tlaquepaque, einem Stadtteil Guadalajaras, wundern wir uns auch nicht, dass der Friedhof einem Jahrmarkt gleicht. Etliche Blumen-, Zuckerwatte- und
Totenbrotverkäufer säumen den Eingang zum Friedhof, der auf Grund der drängenden Massen mit Sicherheitspersonal geregelt werden muss.
Hinter dem Eingang bieten kleine Jungs, bewaffnet mit Eimer und Schwamm, ihre Dienste an, um die Gräber selbst noch einmal auf
Hochglanz zu bringen. Es wird alles gewischt und gewienert und mit mitgebrachter Farbe und Pinsel erneuern die Angehörigen bei Bedarf die Schriftzüge an den Gräbern. Girlanden werden angebracht
und schiere Mehrgängemenüs werden auf den Grabplatten angerichtet, in einem Meer von Blumen blitzen sogar einzelne Tequilaflaschen neben den Instrumenten der zu Ehren der Toten aufspielenden
Mariachigruppen.
Mit vielen schönen Eindrücken im Gepäck reisen wir weiter nach Guanajuato und sind belustigt, als wir das erste Mal unsere
Erfahrung mit dem mexikanischen Arm des Gesetzes machen. Angeblich seien wir verkehrt herum durch eine Einbahnstraße gefahren, doch der Freund und Helfer wollte auch uns behilflich sein, anstelle
einer saftigen Geldstraße und der damit verbundenen Formalitäten auf dem Revier könnten wir auch ganz unbürokratisch seine Hilfe annehmen. Dank der Berichte anderer Reisender wissen wir, dass 50
Pesos ein durchaus angemessener Betrag zur Vermeidung weiterer Unannehmlichkeiten ist. In beiderseitigem Einvernehmen verzichten wir auf eine Quittung.
Die erste freie Lücke in Guanajuato nach einer sehr anstrengenden Fahrt nutzen wir, um das Auto abzustellen, eine Pasta zu kochen
und entziehen und dem von uns heute als sehr aufdringlich wahrgenommenen Mexiko.
Einen ersten Eindruck verschaffen wir uns durch das Abfahren der Panoramica, der rund um das Städtchen verlaufenden Straße und
entscheiden uns dann doch, das Auto am Ortseingang direkt im ehemaligen Flussbett abzustellen. Der Fluss, der die Stadt damals noch regelmäßig überflutete, wurde umgeleitet und das ehemalige
Flussbett nun als Hauptverkehrsstraße genutzt. Um den Ort sinnvoll zu erschließen, grub man unzählige Tunnels in die Berge und es ergibt sich somit nicht nur eine fast verkehrsfreie Innenstadt,
sondern beinahe eine Stadt unter der Stadt. Womöglich haben wir eine der schönsten Orte Mexikos angetroffen. Quietschbunt angemalte, Schuhschachtel große Häuschen türmen sich die Berghänge
hinauf, zwischen denen sich ein Irrgarten von sehr schmalen Gässchen auftut. Eines dieser Gässchen ziert nun unser Tesomobil, denn die Legende besagt, dass wer sich im Calejón del Beso auf der
dritten Stufe küsst, dem sei 15 Jahre Liebensglück beschert. Über diesem Farbenmeer thront das siebenstöckige Festungsgebäude, welches heute die Universität beheimatet und durch ihre imposante
Erscheinung das Wahrzeichen der Stadt darstellt.
Nur einige Schritte weiter befindet sich das ehemalige Wohnhaus Diego Riveras, der sich selbst als das Wunderkind der Stadt
bezeichnete. Als Schüler von José Posada avancierte er zu einem der berühmtesten und richtungsweisenden Künstler Mexikos. Nicht so sehr ergriffen von seiner Kunst als vielmehr von der Schönheit
seines verwinkelten wie sehr großen und wohnlichen Hauses mit Innenhöfen und Arkaden, vertreiben wir uns hier die Zeit.
Das von außen hässliche Gebäude um die Ecke, Alhóndiga de Granaditas, verbirgt in seinem Inneren einen weiteren mexikanischen
Kunstschatz. In dem großzügigen Treppenaufgang treffen wir wieder auf ein Werk Orozcos, ein weiterer Schüler Posadas, der als Muralist im Wesentlichen monumentale expressionistische Wandgemälde
schuf, die Szenen aus der mexikanischen Lebens- und Revolutionsgeschichte darstellen. Dieses düstere Bild erscheint uns aber nicht halb so beeindruckend wie das von uns zuerst im Palacio del
Gobierno in Guadalajara erblickte Wandgemälde.
Um die Augen etwas zur Ruhe kommen zu lassen, "funikulieren" wir hinauf zum Pipila-Denkmal, einem hoch auf dem Berg gelegenen
Aussichtsplateau und schauen uns das ganze in der Abendsonne an.
Pater Hidalgo, der Anführer der mexikanischen Unabhängigkeitsrevolte gegen die spanische Kolonialherrschaft und Vater der
mexikanischen Nation, geleitet uns hinaus aus der Stadt entlang der Ruta de la Independencia nach Dolores Hidalgo, in der er seinerzeit mit dem so genannten „Grito de Dolores“ zu den Waffen rief.
Nur die Statue des Anführes, die den Hauptplatz dieses sonst schmucklosen Ortes ziert, stellt einen Grund dar, hier kurz anzuhalten. Bei einem kurzen Blick auf die Uhr erkennen wir, dass wir
rechtzeitig vor Sonnenuntergang das benachbarte San Miguel de Allende erreichen sollten und verlassen dieses eindruckslose Örtchen.
Wie es der Zufall so will, gelangen wir in San Miguel de Allende mit Erreichen des Miradors an einen Aussichtspunkt, von wo aus
sich die Stadt in der untergehenden Sonne uns zu Füßen legt. Die nach einem weiteren Revolutionär umbenannte Stadt mutet in ihrer Farbgestaltung und in ihrem Flair wie das Bologna Mexikos an. Die
Vermutung liegt nahe, dass dies an den hier ansässigen amerikanischen Künstlern, Kunstgewerbetreibenden und Ruheständlern liegt. Ein Blick auf den Aushang eines örtlichen Maklers bestätigt diese
Annahme, dass hier nicht nur viele Amerikaner sind, sondern auch sehr viele Dollar. Kolonialhäuser, die noch in anderen Orten in ursprünglicher Form zu erschwinglichen Preisen zu haben sind, gibt
es hier aufgepeppt für ein Zigfaches.
Bei der Rückkehr zu unserem Auto machen wir eine traurige Entdeckung, hat man uns doch unseres schönen, großen und glänzenden
Sternes beraubt. Seither ziert nur noch eine etwas angelaufene Messingschraube nebst zwei verzinkten Muttern unseren schwarzen Kühlergrill. Als wäre dies noch nicht genug, fährt uns am gleichen
Abend ein unvorsichtiger Autofahrer in unseren Motorradständer und begeht Fahrerflucht. Mit ein paar Kabelbindern ist der Schaden aber alsbald behoben, denn es hat glücklicherweise nur das lange
schwarze Kanalrohr erwischt, welches wir zur Aufbewahrungsröhre unseres Steinschlagschutzes umfunktioniert haben. Doch neben diesen kleinen Ärgernissen überwiegen die positiven Eindrücke, die wir
sicherlich noch weiterhin sammeln werden.
Liebe Grüße
Lella und Tommi
Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
tesomobil.de/index.php
Lella und Tommi
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