reise-geschichten
„Ach, wenn es doch auf dem Weg liegt“, denken wir uns „dann können wir auch anhalten!“, als wir in östlicher Richtung Quito
verlassen und die schier endlosen Serpentinen zum Papallacta-Pass hinaufschnaufen; zudem wir ohnehin nicht schnell unterwegs sind. Dem Tesomobil sei Dank sitzen wir im Trockenen – es regnet wie
aus Kübeln in diesen luftigen Höhen bis über 4.000 Meter –, während das Mobil sich tapfer durch die Berge kämpft. Es geht in genügsamen Tempo durch wunderschöne Paramolandschaften und kurz hinter
dem Pass, wir sind bereits wieder auf 3.400 Metern hinuntergefahren, biegen wir links von der Straße ab und fahren zu den hier befindlichen heißen Thermalquellen. Mitten im Nebel verbringen wir
einige Stunden, eigentlich den ganzen Tag in dieser sehr gepflegten Anlage, bestehend aus mehreren unterschiedlich heißen Becken. Unsere Leser werden erahnen, dass wir auch dem hier befindlichen
Restaurant noch einen schmackhaften Besuch abstatten, bevor wir unsere Körper noch mal in brühend heißes Wasser tunken und müde in unser Mobil heimkehren.
Zwar hatten wir vor dem Parken beim Hotelmanagement eine Erlaubnis für das Parken auf ihrem Gelände eingeholt, kostenlos versteht sich, doch die Geschäftstüchtigkeit der Betreiber hat uns einen
Strich durch die Rechnung gemacht. Der abends an das Auto klopfende Wachmann ist der Meinung, wir müssten eine Campinggebühr bezahlen. Er glaubt uns schlichtweg nicht, dass wir die Erlaubnis zum
Übernachten beim benachbarten Hotel eingeholt hatten und so müssen wir nochmals vor die Türe. Kein Problem, wir gehen erneut durch die Kälte ins Hotel und lassen uns vom Hotelmanager bestätigen,
dass wir uns ganz legal hier aufhalten und beschließen als Zeichen des Dankes, noch einen Drink an der Hotelbar zu nehmen. Das war es wohl, unsere längere als nötige Anwesenheit, die den
Hotelmanager erfindungsreich werden lässt. „Sie müssen das missverstanden haben! Ihnen wurde zwar erlaubt, hier zu stehen, aber natürlich nur gegen Entrichtung der nächtlichen Standgebühren von 6
USD pro Person!“ Das müsssen wir wohl falsch verstanden haben…
Es geht bergab – nicht etwa mit uns – nein, das Tesomobil hat sich eine lange Abfahrt hinunter nach Tena, bereits am Rande des Regenwaldes gelegen, verdient und genießt hörbar die Fahrt. In Tena
kehren wir kurz in einem kleinen Lokal ein und essen ein Tagesgericht. Für 2,50 Dollar können wir wirklich nicht einkaufen und kochen und so freuen wir uns, im Anschluss an unser Mittagsessen
nicht auch noch spülen zu müssen. Stattdessen gehen wir in ein Internetcafé gegenüber und nehmen Kontakt mit der unweit gelegenen Liana-Lodge auf, denn wir wollen ein paar Tage die Dschungelluft
schnuppern. Es ist etwas frei für uns und so nehmen wir die letzten 50 Kilometer Straße bis zum vereinbarten Treffpunkt unter die Räder.
Zwar sind die letzten Kilometer lediglich Schotterpiste, doch das trügt unsere Freude nicht. Wir stellen das Tesomobil neben dem Haus eines Bruders des Betreibers der Lodge ab und werden die
letzten Meter mit einem Holzkanu zur Lodge hinübergefahren. Es handelt sich um ein Regenwaldprojekt der schweizer Genossenschaft Selva Viva, die gemeinsam mit einheimischen Indígenas diese Lodge
zwecks Finanzierung ihrer Regenwaldidee erbaut hat. Somit wird Geld von Touristen vereinnahmt, das später zusammen mit Spendengeldern dazu genutzt wird, weitere Regenwaldgebiete aufzukaufen und
unter Schutz zu stellen. Neben der Lodge wird zudem eine Tierauffangstation für vom Zoll beschlagnahmte Tiere und ehemalige Haustiere betrieben. Eine ehrenhafte Unternehmung, die den Tieren, die
nicht mehr ausgewildert werden können, zumindest wie in einem Zoo ein neues Zuhause bietet. Dieser Station statten wir nach unserem schweißtreibenden Spaziergang durch den Dschungel in mal wieder
anderen Temperaturen einen Besuch ab. Wir brauchen nicht extra erwähnen, das unser Dschungelführer Cesar auch nicht nur einen einzigen Schweißtropfen dabei vergießt.
Da unser Ausflug aber nicht gleich in Stress ausarten soll, verbringen wir den Nachmittag nicht wie ursprünglich geplant mit einer weiteren Tour, sondern widmen den Rest dieses Tages dem süßen
Nichtstun auf der Veranda unserer Habitation, wo uns einige Kapuzineräffchen einen erfreulichen Besuch abstatten.
Wir verbringen insgesamt zwei Nächte auf der Lodge, die wir für uns alleine haben, und wachen gerne aus unserem kartoffelähnlichen Schaf auf, um dem nächtlichen Naturorchester der hiesigen Tiere
zuzuhören. Das Essen hier ist vorzüglich und wir genießen es in vollen Zügen. Vor allem die eisgekühlten Minibananen in aufgelöster Nestle-Zartbitterschokolade werden wohl in süßer Erinnerung
bleiben. Zum Abend kühlt es ab und es hat genau die richtige Temperatur für ein gepflegtes Fläschen Rotwein.
Wundersam, wie kurz wir nach unserem Abschied von Joanna und Andreas von der Lodge nur brauchen, bis wir mit dem Erreichen des 1.800m hoch gelegenen Baños wieder den Ausgang des Oriente erreichen
(oder Eingang, je nachdem, ob man von Norden oder Süden herkommt). Nur einen kleinen Zwischenstopp leisten wir uns auf der Fahrt. Es gibt kurz vor Baños eine sogenannte Tarabita, eine
Miniaturseilbahn, mit der man in einem kleinen Körbchen, nur an einem alten Stahlseil schwebend, die Pastazaschlucht überwinden kann. Schon unter normalen Umständen ein nervenaufreibendes
Erlebnis (zumindest für den nicht schwindelfreien Teil von uns!) und in gewisser Weise etwas selbstreinigend, muss man doch vor Betreten des Korbes so ziemlich mit sich im Frieden sein; oder aber
mit allem abgeschlossen haben, während man zu dem furchterregendsten aller in die Schlucht stürzenden Wasserfälle, den Pailón del Diablo, hinüberrattert. Strömender Regen rundet das kleine
Abenteuer am Wegesrand ab.
Gähnende Leere in unserem Kleiderschrank bei der Ankunft in Baños deutet uns, dass es mal wieder Zeit für die große Wäsche ist. Wir begeben uns voller Vertrauen in die Hände der
Dienstleistungsindustrie dieses touristischen Örtchens und geben unsere Wäsche gleich säckeweise bei der Wäscherei ab und überbrücken die Wartezeit unter anderem mit einem Plausch mit den
LKW-Fahrer von Rutasdelperu, die gleich hinter uns geparkt haben. Sie haben reichliche wie nützliche Informationen über unsere weitere Strecke parat, denn stellt sich doch heraus, dass sich unser
beider geplanter Routen zum Verwechseln ähneln.
Wir wollen mal wieder in berühmten Thermalbädern planschen gehen unterhalb des Jungfrauenhaarwasserfalls. Ganz früh und noch vor Morgengrauen, so können wir vielleicht einen Blick auf den
Hausvulkan Tungurahua erhaschen, bevor dieser für den Rest des Tages in dichtem Nebel verschwindet. Doch da es am nächsten Morgen wieder mal in Strömen regnet und der Vulkan sich gar nicht erst
blicken lässt, ist eine Programmänderung schnell vollzogen. Weiterschlafen ist am nächsten Morgen angesagt und wir drehen uns noch einmal für ein paar Stündchen um.
Die Anden rauf und runter führt uns unsere heutige Tagesfahrt vorbei an Riobamba bis nach Guamote, wo wir auf dem Parkplatz eines Restaurants direkt an der Zufahrtsstraße zum Dorf Station
beziehen. Der nächste Morgen beginnt mit einem Schauspiel und wir können beim Frühstückskaffee vom Tesomobil aus beobachten, wie aus beiden Richtungen der Panamericana die Markttreibenden mit
Sack und Pack, mit Pickup und Kleinlastwagen bis hin zu Bussen samt Schafen auf den Dächern anreisen. Bislang dachten wir, es sei Dienstag, doch das Spektakel vor dem Fenster lässt uns vermuten,
dass wir heute Donnerstag haben, den Markttag in Guamote. Kurzerhand kramen wir einen irgendwo versteckten Kalender heraus, der den 5. Februar tatsächlich als Donnerstag ausweist, trinken unseren
Kaffee aus und folgen dem Tross mit dem Tesomobil. Nach kurzer Fahrt drohen wir, mitten in dem bunten Treiben steckenzubleiben, als geschwindt ein Händler seinen Stand zusammenbaut, um uns einen
Ausweg aus dem Gewirr zu bahnen. Wir parken das Auto und erfreuen uns an dem Geschehen lieber zu Fuß. Zwischen teppichartig ausgelegten und dennoch grinsenden Schweinen, leuchtenden Stoffen und
bunten Obstständen ergattern wir ein paar ecuadorianische Gummistiefel für jeden von uns. Wir können sie in Zukunft wohl gut gebrauchen!
Sicherlich hätten wir uns auf unserer weiteren Fahrt nach Cuenca ein wenig bessere Straßen gewünscht. Aber wir wollen uns nicht beschweren, war es uns doch bereits klar, dass die Wege in
Südecuador beschwerlicher werden würden. So erreichen wir denn auch diese schöne alte Kolonialstadt die wir sofort erkunden. Naja, man muss wohl eher kulinarische Erkundung sagen (Jawohl,
Anabela, es ist mal wieder vom Essen die Rede!) Der erste Tag Cuenca ist uns perfekt gelungen und so suchen wir uns neben der Universität einen sicheren Standplatz für die Nacht. Am nächsten
Morgen besuchen wir einen alten Freund, den Hutmacher Alberto Pulla, eine Institution in der Stadt. Seine Adresse ist bald gefunden und es dauert nicht sehr lange, da hat Lella auch schon einen
hübschen Panamá-Hut auf dem Kopf. Geht doch die Legende, dass kein Gringo Albertos Geschäft ohne einen Hut verlassen hat Thomas, seit 2003 schon bestens behütet , braucht keinen mehr. Wir
tauschen noch ein paar Geschichten aus und verewigen uns nochmal in seinem Kundenbuch. Der traditionsreichste Hutmacher der Stadt, der als einziger die Hüte noch im Rio Tomebamba wäscht, zeigt
sich beeindruckt, dass er innerhalb fünf Jahren zweimal Besuch von der gleichen Person bekommt.
Auf noch schlechteren Straßen, zwischendrin ist teilweise eine Spur gesperrt, was den Gegenverkehr jedoch nicht daran hindert uns
weiter entgegen zu kommen, rumpeln wir immer weiter gen Süden. Unser hoch gestecktes Ziel für diesen Tag ist das Erreichen von Vilcabamba. Dafür heißt es aber erst einmal zur Provinzhauptstadt
Loja zu fahren. Und dies ist schon ein Abendteuer für sich. Von dort aus ist es nicht mehr weit in das kleine Dorf auf gemäßigter Lage. Nach guten acht Stunden erreichen wir endlich den Parkplatz
der Izhcayluma Lodge und sind erschlagen.
Wir wissen, dass wir uns hier richtig erholen können und dass die beiden bayrischen Brüder Dieter und Peter dafür bekannt sind,
dass ihnen das leibliche Wohl ihrer Gäste am Herzen liegt. Die Anlage selbst hat sich in den letzten fünf Jahren zu einem Paradies-Garten entwickelt. Pflanzen überall, wohin man auch schaut. Es
ist kunterbunt geworden auf der Lodge. Zum Poolen ist es etwas zu kalt, wir haben tagsüber so um die zwanzig Grad Celsius, aber zum Relaxen ist das die optimale Temperatur. Zu unserem Leidwesen
sind unsere aus Deutschland per Post geschickten Reiseführer leider noch nicht hier angekommen, aber die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. So verbringen wir die Tage mit Surfen und Lesen.
Auch kümmern wir uns um unsere Computer. Mit Hubert haben wir hier eine wirklich große Hilfe gefunden, der uns in stundenlanger aufopfernder Weise bei der Reinigung bzw. Wiederbelebung unserer
Computer hilft. Lellas Rechner ist jetzt um über 300 Bedrohungen ärmer und selbst Thomas' streikendes künstliches Gehirn ist nun mittels einem spanischen Windows zumindest wieder als Surfmaschine
zu benutzen. Man muss auch loslassen können und haben den auf dem Computer befindlichen Daten Lebewohl gesagt.
In dieser Zeit sind auch historische Dinge passiert: Das erste Skypegespräch mit Thomas' Familie nach Alfter hat großen Spaß
gemacht und so gibt es immer etwas, über das wir uns freuen können. Endlich können wir auch wieder in der Presse die Nachrichten verfolgen während wir auf unsere Bücher warten. Es gibt
dieser Tage ja interessante AdHoc-Meldungen zu lesen. Gerade sind auch Sheila und Jimmy, das irische Pärchen, das wir in Panamá kennengelernt hatten, um die Ecke der Lodge-Rezeption gebogen.
Während sie sich in Kolumbien mehr Zeit gelassen haben, sind wir ja nach Galápagos gereist, sodass es eine Menge zu erzählen gibt über unsere Erlebnisse. Jetzt warten wir noch einige Minuten,
dass auch noch Francie (der Bobtail) um die Ecke geschossen kommt, nachdem er sich von der bestimmt anstrengenden Fahrt erholt hat. So machen wir heute Abend vielleicht auch noch ein Fläschen
auf. Auf gute Nachrichten und nette Neuankömmlinge!
Als schöne Überraschung sind wir von Zuzana und Matthias aus Berlin auf ihre Hochzeit auf der Izhcayluma eingeladen. Sie geben sich mit Blick auf das Vilcabambatal im Kreise der Lodgegäste das
spanische Jawort und lassen sich die kurzen zeremoniellen Worte von ihrem Trauzeugen und Lodgebetreiber Peter übersetzen. Es folgt ein opulentes Mittagessen an einer großen Tafel und wir
verspeisen alle gemeinsam die von der Lodge vorbereitete (und nebenbei bemerkt auch köstlich schmeckende!) Hochzeitstorte. Dass wir den Abend an der Hotelbar ausklingen lassen, stellt den
Höhepunkt dieses durchweg gelungenen Festes dar, denn Sheila packt ihr Akkordeon aus und sorgt mit ihrem Repartoir an irischen Volksliedern für eine ausgelassene Stimmung. Es wird sehr feucht und
auch sehr spät. Laut Christina die auf der Lodge arbeitet, ist an diesem Morgen niemand der Lodgegäste zum Frühstück erschienen. Jimmy hat den heutigen Rekord aufgestellt: Er hat es doch
bis 18:00 geschafft, ein erstes Lebenszeichen zu geben.
So ist die erste Woche auf der Izhcayluma verstrichen, ohne dass wir viel davon gemerkt haben. Den ein oder anderen Tag werden wir wohl noch bleiben, auch um auf unsere Post zu warten, da
Enzo und Christiane ihren Besuch in Santiago de Chile auf Anfang April verschieben konnten. So bleibt uns noch genügend Zeit, die verbleibenden 5.700 km bis zu unserem Treffpunkt
zurückzulegen.
Wir schicken liebe Grüße ins kalte Deutschland
Lella und Tommi
Entsprechende Bildergalerie der ehemaligen privaten web page ansehen:
www.tesomobil.de/index.php
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