Expedition Overland Travel / weltweit unterwegs im eigenen zuhause
Von Marrakesch aus fahren wir in Richtung Küste noch schnell in Immouzer vorbei. Auf dem Weg dorthin machen wir eine kleine Verschnaufpause in einer
Serpentinenkurve neben einem Moped. Wundern uns hin und wieder während der einen Stunde mal, wo wohl der Lenker des Mopeds abgeblieben ist. Unverschlossen steht sie da und wartet brav wie ein
Esel mit zusammengebundenen Vorderfüßen auf ihren Besitzer. Zufällig sehen wir den Mann dann kurz vor dem Losfahren oberhalb des Tesomobils im Hang sitzen und uns beobachten. Ohne einen Muks hat
er dort oben mindestens die eine Stunde unserer Anwesenheit gesessen und den Blick in die Landschaft genossen. Womöglich haben wir ihm noch die Aussicht vermasselt denken wir und fahren schnell
wieder los.
Die sagenumwobenen Cascade de Immouzer – ob sie wohl Wasser haben? – sind in der Nähe. Das kleine, immer enger werdende Sträßchen wird gerade in dem Moment unseres Passierens wieder einmal von einem Erdrutsch befreit. Der Bagger baggert uns die Fahrspur frei und weil der nette Baggerfahrer noch seine Hydraulikfüße hochklappt, passen wir auch auf der Fahrbahn und nicht durch die direkt anschließende Schlucht an ihm vorbei. Weiter talwärts ist das Sträßchen einem Spazierweg unter tiefen Bäumen gleich und ended genauso abrupt wie ereignislos auf einem staubigen Parkplatz. Den Blick hinaufschwenkend, erkennen wir die vom Wasser glattgeschliffenen Felsbrocken aber das Wasser ist futsch. Nicht mal der Glanz von gerade eben versiegenden Wassers ist an den Felsen auszumachen. Wie also der Parkplatzkassierer sein Geld haben möchte, winke ich ab und frage ihn nach dem Wasser. Er antwortet, dass es Wasser derzeit nur in Flaschen gäbe was uns simultan den Rückwärtsgang einlegen lässt, um noch einmal an dem netten Baggerfahrer vorbei zu manövrieren. Etwas weiter oben finden wir dafür in einer ehemaligen Zeltstätte der dortigen Straßenarbeiter unseren schönen und ruhigen Stellplatz für die Nacht. Nur lautlos vorüberwackelnde Esel passieren unsere Schlafstätte, nachdem sich alle Straßenarbeiter mit ihren Autos drei, vier Kurven weiter oben in ihr neues Quartier eingefunden haben.
Nach Agadir ist es von hier aus nur ein Katzensprung, den wir am nächsten Vormittag vollziehen, um etwas Diesel zu tanken bei der mit Internet bestens ausgestatteten Afriquia-Tankstelle, und fahren noch weiter nach Sidi-Ouassai, einem kleinen Ort am Meer. Es gibt auch hier einen Campingplatz, der mit einer hohen Mauer umgeben ist und der – wir können nur die Satellitenschüsseln auf den Dächern erkennen – voll mit Wohnmobilen ist, die ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen.
Weiter gibt es eine Piste, die an dem Campingplatz vorbei direkt auf den Sandstrand führt. Hinaus aus dem Ort, nur zwei kleine Fischerhäuser, die wir erst entdecken, als wir nach der Stellplatzsuche, zum Meer hinunter gehen.
Der freundliche Fischer kommt kurz auf ein Schwätzchen am Mobil vorbei, läd uns zu Fisch ein, doch wir haben schon. Danke. Der Platz ist nicht ausschließlich mit
allradtauglichen Fahrgestellen erreichbar, wie abends noch ein Einheimischer im altern frontgetriebenen Renault 5 beweist. Meist geht fahrerisches Können eben echt vor Allrad. Wir spielen nicht
mehr im Sand. Nur noch Paula strampelt ein wenig auf ihrer Outdoor-Krabbeldecke und lauscht dem Meeresrauschen. Es tost das Meer ganz ordentlich, obwohl wir etwas oberhalb stehen.
Was für eine Alternative zum abendlichen Fernsehen. Die sich brechenden Wellen vor dem sich minütlich wechselnden Hintergrund, erst gelb dann blau dann rot, bis irgendwann das Licht aus ist. Herrlich! Und allemal besser als Fernsehen.
Andere sitzen nun, hinter einer hohen Mauer auf ihrem Campingplatz, vielleicht läuft sogar das Abendprogramm des Satellitenfernsehn. Wir genießen bei nach Sonnenuntergang frischen Außentemperaturen die Wärme des Innenraumes und vielmehr noch den Ausblick auf das uns bietende Naturschauspiel. Wie schön, dass dort so viele Fenster sind und keine Mauer, die den Blick verstellt.
Von Sidi-Ouassai brechen wir dann tags drauf endlich zu den bunten Steinen, den painted rocks, bei Tafraoute auf. Der Weg dorthin hält noch eine Überraschung für uns vor. Karin beklagte sich unlängst, dass sie – außer Achim im UNIMOG – noch gar keine Reisemobile gesehen habe. Wo sind alle die LKW-Expeditionsmobile? OK, ein Action-Mobil führte einmal eine Gruppe weiße Wohnmobile an, die ihm scheinbar durch Marokko folgen, damit sie sich nicht verfahren. In einem kleinen Ort, dessen Namen wir uns nicht merken stehen plötzlich in einer Reihe gleich vier Stück. Alles verschiedene Auto-Ideen und ich habe nach dem Plausch am Straßenrand glatt vergessen, mir die Kontaktdaten des freundlichen Belgiers zu notieren. Vielleicht sehen wir uns ja einmal wieder. Einen witzigen Einfall finde ich die auf einen KAT montierte Fahrgastkabine eines amerikanischen Schulbusses. Da lässt sich vielleicht sogar etwas von abgucken.
Während die Männer mit den LKW’s vorausgefahren sind aus Belgien, sind die Damen und andere Familienmitglieder nach Ferienbeginn kurzerhand mit dem Flieger nach Agadir gedüst und dazu gestiegen. Eine tolle Idee für den Weihnachtsurlaub. Kurzes Gruppenfoto und Weiterfahrt. Karin ist erst einmal beruhigt. Es sind nicht nur Geschichten meinerseits, dass es da Leute gebe die mit großen Autos Urlaub machen.
Das kleine Städtchen Tafraoute lassen wir aus denken wir uns, als wir die Stadtrundfahrt noch nicht absolviert haben. Um es vorweg zu nehmen. Majorelle-bleu sind die Felsen nunmehr nicht mehr. Aber bei der Anfahrt auf die Rochers Peintes, die painted rocks sind wir beide uns wieder einig. Dort, wo der Wegweiser uns hinzulotsen versucht können die Felsen nicht sein, führt der Pfeil ja in die total falsche Himmelsrichtung.
So folgen wir den unverkennbaren 14ner-Spuren des Michelins von Achims UNIMOG und landen einig in einem Testgelände für Offroad-Reisemobile. Achims Spuren haben sich längst verloren, als wir in 25% Gefälle (vermutlich war ist es doch ein ausgetrockneter Bergbachlauf und keine Piste), nahezu vollverschränkt mit noch dazu reichlicher Seitenneigung, die zumindest dem Innenleben einiger Schränke eine neue Ordnung verliehen hat. Achim, so unsere Vermutung, ist bestimmt nur fürs Foto hinein und rückwärts sofort wieder hinausgefahren. Wir werden dies mittels einer Email aufzuklären versuchen. Oder der UNIMOG ist wirklich so viel besser im Gelände.
Der Rückwärtsgang hilft uns diesmal aus – sicherheitshalber sind die beiden Damen bei dem Manöver ausgestiegen - und wir nehmen dann doch die ausgeschilderte Route, die uns in einiger Entfernung, aber dann doch zum Ziel führt. Und das Auto liegt nicht auf der Seite und Paula ist gut drauf. Sie hatte, ohnehin im Kindersitz in Liegeposition bei der Aktion schon fast einen Kopfstand in Ihrem Anschnallgurt gemacht und sich nicht getraut nur einen Mucks zu machen die Arme. Spürt sie doch nur allzu gut die Anspannung der Insassen und verstummt in brenzligen Momenten.
Nur noch in Google finden sich die Bilder, der in diesem schönen Blau – ähnlich des Farbtons der Gauloises-Blau-Zigaretten-Packung – gehaltenen Felsblöcke. Anyway!
Es sieht aus wie in einer Märchenlandschaft. Dicke, teils runde Felsbrocken liegen, wie feinsäuberlich von Riesenhand zurechtgerückt in der Landschaft. Bei so manchem fragen wir uns, warum sie
noch nicht hinuntergepurzelt sind von dem sie tragenden Brocken. Es fehlen nur noch die Trolle, die durchs Bild hüpfen. Umgeben das Ganze von den Bergen des Atlasgebirges. Von einigen Bergen,
denn es gibt viele in diesem Atlasgebirge. Ein schöner Stellplatz.
Wir sind froh, ohne Blessuren angekommen zu sein, rücken das Innenleben des LKW zurecht und machen Blödsinn um das Auto herum.
Es wird der Abendbrei unter untergehender marokkanischer Sonne kaltgerührt und anderer Blödsinn gemacht, als wir uns in diese schöne Landschaft stellen. Keiner da, gibt es nicht in Marokko. Aber ein herrlich ruhiger Ort, an dem wir gerne verweilen.
Die Nacht hätte sternenreicher und ruhiger nicht sein können. Wir haben geschlafen wie die umliegenden Steine. Nur das Tesomobil hat sich bewegt in der Nacht. Ist
die Feststellbremse angezogen, frage ich mich kurz, als ich von einem Rums, aufwache. Doch ist sie! Und außerdem ist die Bewegung gar eine seitlich rollende, vielmehr eine Abwärtsbewegung. Somit
stehen wir in der zweiten Nachthälfte etwas schief. Doch das kennen wir ja schon. Also weiter schlafen.
Der Sonnenaufgang ist nicht minder schön als der gestrige Untergang, doch ist außer bemalten Steinen in dieser Trollgegend nicht viel mehr zu erkunden und so
beschließen wir nach einem ausgedehnten Frühstück den Diesel wieder anzuwerfen und uns weiter durchs Land zu bewegen.
So kommen wir, an schönen Landschaften vorbei, noch einmal nach Agadir und lassen es wieder mehr oder weniger links liegen. Einmal durchfahren reicht uns heute, Kleinigkeiten besorgen wir im dortigen Marjane (saudische Supermarktkette)und halten erst wieder nördlich Agadirs in Taghazoute.
Ein geschotterter großer Platz direkt am Meer, an einem kleinen Riff, auf dem nachmittäglich die after-work-surfer herumklettern, um mit ihrem Brett den Einstieg ins Wasser zu schaffen, um sich später mit ihren Brettern im Sonnenuntergang auf den Wellen tänzelnd der Zuschauerschar zu präsentieren. Guter Platz für uns, denken wir uns und stellen uns mittendrauf. Erstaunlich gerade alles, denken wir, was uns noch ganz andere Chancen bereitet. Wäre, ja wäre da nicht der hiesige Parkplatz-Sherif. Er gestattet überhaupt gar nicht, dass wir hier womöglich noch über die Nacht stehen. Und außerdem käme die Polizei und würde alle verjagen, da dieser Platz weder sicher wäre, es noch dazu nicht gerne gesehen sei, dass sich hier womöglich mehrere Wohnmobile versammeln. Aber wir werden sehen. Noch während der eher hilflosen Belehrungen des Sherifs parken vier weitere WoMos auf dem Platz, alle mit ähnlichen Absichten.
Ein Tänzchen in den Abend mit Paula und wir werden sehen wie es weitergeht. Die Sonne geht unter, die Surfer gehen ihrer Passion nach – wir beobachten das
Schauspiel und treffen auch auf ein junges Paar mit 11 monatigem Bub aus Hamburg, die in ihrem Landrover unterwegs in Marokko sind. Er macht Elternzeit und sie ist beurlaubt in ihrem Job, widmen
auch sie sich – neben dem Zeigen Marokkos für ihre zu Besuch gekommene Freundin – der Kindererziehung unter winterlicher Sonne. Eine durchaus nachahmenswerte Alternative, begonnen von der
Elternzeit beim Mann bis hin zum Reisen. Schließlich gibt es nicht so viele Momente, in denen sich das Reisen zeittechnisch überhaupt ausgeht. Aber das muss jeder selber wissen. Ich habe schon
von Menschen gehört, die einfach gar nichts arbeiten, um die erste Zeit mit ihrem Kind intensiv erleben zu können. Aber gut, das ist ein Sonderfall. Der schöne Landy ist sogar zu haben
- explorer-magazin.com/2015/fesche-defender/ kann man sich mal einen Eindruck verschaffen.
Die Sonne ist gerade erst im Meer versunken da tritt auch schon die Royale Gendarmerie auf den Plan. In frisch gebügelten und nach dem Aussteigen extra
zurechtgezupften Uniformen – bevor sie etwas von sich geben noch die Mütze auf den Kopf gesetzt, so viel Zeit muss sein – gibt sich eine zehnköpfige Gesandtschaft die Ehre. Übernachten sei hier
absolut verboten, dies sei nur ein Surfer-Parkplatz. Viele Wohnmobile hätten hier in der Vergangenheit Dreck und Unrat hinterlassen und und und. Alles keine schlagenden Argumente. Zudem sei der
Platz nicht sicher und die Weiterfahrt zum nächstmöglichen Campingplatz sei dringend empfohlen. Nachdem alle Argumente ausgetauscht sind und keines wirklich schlagend ist – schließlich passiert
in einer westeuropäischen Großstadt statistisch gesehen auch an jedem Tag ein Mord, weshalb es dort für mich daher durchaus als gefährlicher als Agadir einzuordnen ist - bleibt seitens der
Polizei lediglich der eindringliche Hinweis, man hätte die Nachricht überbracht. Wie wir mit dieser umgingen sei wiederum unsere Sache. Aber, wenn etwas passiere sollen wir nicht zu ihnen kommen
und um Hilfe bitten. Wir rauchen noch gemeinsam eine spendierte Zigarette, tauschen gegenseitige Nettigkeiten und Respektbekundungen aus, müssen die Bitte nach amerikanischer Schokolade aufgrund
Mangel solcher Raritäten leider verneinen, klären den Beamten aber auf, dass er zukünftig besser nach Schweizer Schokolade fragen solle, da die bekannt sei für ihre Qualität und den wohltuenden
Genuss. Alle zahn Mann steigen in zwei Autos und fahren in die Nacht. Wir denken nicht, dass der kleine Ort nördlich Agadirs noch mehr Polizisten aufzubieten hat und sind uns nun unseres ruhigen
und wirklich eindrücklichen Stellplatzes für die Nacht sicher. Nur das Meer rauscht.
Mal sehen, wo wir morgen hinfahren. Zum Frühstück werden wir mal in die Karte schauen. Es ist bald Weihnachten und da möchten wir einen schönen Stellplatz haben.
Besser noch ohne allabendliche Diskussionen mit der Staatsmacht.
Bevor es mehr dazu zu lesen gibt, wünschen wir allen, die dies lesen ein schönes Weihnachtsfest - wer weiß, wann wir wieder Internet zur Verfügung haben.
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